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Seit dem 1. Januar 2022 gilt in Polen eine wesentliche Änderung im Sozialversicherungsrecht: Mitglieder des Vorstands (poln. członek zarządu = Geschäftsführer) sowie Prokuristen, die ausschließlich durch Bestellung (poln. powołanie) in ihre Funktion berufen und dafür vergütet werden, unterliegen nach polnischem Recht grundsätzlich der obligatorischen Krankenversicherung. Es handelt sich hierbei um die Krankenversicherung nach dem polnischen Gesetz über Gesundheitsleistungen, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden (poln. Ustawa o świadczeniach opieki zdrowotnej finansowanych ze środków publicznych, Dz.U. 2004 Nr 210, poz. 2135). Anders als Arbeitnehmer sind Vorstandsmitglieder auf dieser Grundlage nicht in der polnischen Renten-, Invaliditäts- oder Arbeitslosenversicherung pflichtversichert – es geht ausschließlich um die Krankenversicherung.
In einer polnischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (spółka z ograniczoną odpowiedzialnością, Sp. z o.o.) erfolgt die Bestellung von Geschäftsführern durch Beschluss der Gesellschafterversammlung. Ebenso kann die Vergütung für die Ausübung der Geschäftsführerfunktion durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss festgelegt werden. Eine zusätzliche Vertragsform – etwa ein Arbeitsvertrag – ist nicht zwingend erforderlich.
Das polnische Kodeks spółek handlowych (KSH, Handelsgesellschaftsgesetz) sieht in Art. 201 § 4 KSH vor, dass Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen werden. Nach Art. 203 § 1 KSH kann die Abberufung jederzeit erfolgen, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht. Das Gesetz selbst schreibt keine konkrete Vertragsform für die Vergütung vor, sondern überlässt dies dem Beschlussorgan der Gesellschaft.
Damit unterscheidet sich die Vergütungsregelung im polnischen Recht erheblich von der deutschen GmbH, wo meist ein Dienstvertrag zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer abgeschlossen wird. In Polen genügt die Gesellschafterbeschlussfassung, um eine wirksame Anspruchsgrundlage für die Vergütung zu schaffen.
Ein Arbeitsvertrag nach dem Kodeks pracy (polnisches Arbeitsgesetzbuch) setzt ein Verhältnis persönlicher Abhängigkeit voraus: Arbeitsort, Arbeitszeit und Unterordnung unter den Arbeitgeber (Art. 22 § 1 Kodeks pracy). Für Geschäftsführer einer Sp. z o.o., die allein auf Grundlage eines Bestellungsakts tätig sind, fehlt typischerweise dieses Element der Unterordnung.
Daraus folgt:
Beschlussvergütung – basiert ausschließlich auf einem Organbeschluss, ohne Elemente des Arbeitsrechts. Sie begründet weder Urlaubsanspruch noch Kündigungsschutz nach dem Arbeitsgesetz.
Arbeitsvertrag – würde zusätzlich ein Arbeitsverhältnis schaffen mit allen arbeitsrechtlichen Schutzrechten und Pflichten (z.B. Arbeitszeitrecht, Urlaubsanspruch).
Die durch Gesellschafterbeschluss festgelegte Vergütung gilt einkommensteuerlich als Einkünfte aus der Tätigkeit als Vorstandsmitglied (Art. 13 Punkt 7 polnisches Einkommensteuergesetz). Sozialversicherungsrechtlich unterliegt sie seit dem 1. Januar 2022 grundsätzlich der Krankenversicherungspflicht in Polen, es sei denn, aufgrund europäischer Koordinierungsvorschriften gilt ausschließlich das ausländische Sozialversicherungssystem.
Für deutsche Manager in polnischen Gesellschaften gilt jedoch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 sowie die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009. Nach diesen Vorschriften gilt das Prinzip des einzigen anwendbaren Sozialversicherungssystems. Niemand sollte gleichzeitig mehreren Systemen unterliegen. Entscheidend ist in erster Linie das Land, in dem die berufliche Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird.
Ein deutscher Manager, der in Deutschland einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nachgeht, bleibt im deutschen Sozialversicherungssystem versichert. Die polnische Gesellschaft kann in diesem Fall keine Krankenversicherungsbeiträge in Polen erheben – Voraussetzung ist allerdings der Nachweis durch eine gültige A1-Bescheinigung. Ohne diesen Nachweis riskiert die Gesellschaft, dass die polnische Sozialversicherungsanstalt (ZUS) Beiträge nachfordert.
Zu unterscheiden ist die Frage der Sozialversicherung von der Steuerpflicht. Das polnische Einkommensteuergesetz (poln. Ustawa o podatku dochodowym od osób fizycznych) bestimmt in Art. 13 Punkt 7, dass Vergütungen für Mitglieder des Vorstands in Polen steuerpflichtig sind. Auch das deutsch-polnische Doppelbesteuerungsabkommen sieht vor, dass Vergütungen für Verwaltungs- oder Aufsichtsratsmitglieder in dem Staat besteuert werden, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat – also in Polen.
Fazit: Während die Krankenversicherungspflicht durch europäisches Recht häufig in Deutschland verbleibt, muss die Einkommensteuer in Polen abgeführt werden.
Fehlende A1-Bescheinigung: Ohne A1-Bescheinigung kann ZUS davon ausgehen, dass eine polnische Beitragspflicht besteht.
Mehrfache Tätigkeiten: Wenn ein Manager in mehreren Ländern beruflich aktiv ist, muss die zuständige Behörde (in Deutschland: Deutsche Rentenversicherung, in Polen: ZUS) im Rahmen eines Koordinationsverfahrens die Zuständigkeit verbindlich festlegen.
Aufenthalt in zwei Staaten: Selbst wenn sich der Manager zeitweise auch in Polen aufhält, ändert dies nichts am Grundsatz der einheitlichen Zuständigkeit.
Die Grundlage für die Tätigkeit deutscher Manager in Polen ist die Berufung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung (§ 201 Abs. 4 Kodeks spółek handlowych – polnisches Handelsgesellschaftengesetz). Diese Organstellung unterscheidet sich fundamental von einem Arbeitsvertrag. Für das Sozialversicherungsrecht ist daher nicht der Kodeks pracy (Arbeitsgesetzbuch) maßgeblich.
Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Er ersetzt nicht die individuelle Beratung durch Steuerberater oder Fachanwälte. Bei Fragen oder Unklarheiten steht Ihnen das Team von AHK TECH gerne zur Verfügung und bietet professionelle Unterstützung in allen Fragen zur Geschäftsführung in Polen.
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