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AHK TECH - Blogpost

25/10/2024

Arbeitsverhältnis in Polen

1. Was ist ein Arbeitsverhältnis?

 

Ein Arbeitsverhältnis in Polen ist eine rechtliche Bindung zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber, die auf den Regelungen des polnischen Arbeitsgesetzbuches (Kodeks pracy, KP) beruht. Es verpflichtet den Arbeitnehmer, die vereinbarte Arbeit unter Weisung des Arbeitgebers, an einem festgelegten Ort und zu bestimmten Zeiten zu erbringen. Der Arbeitgeber wiederum verpflichtet sich, den Arbeitnehmer gegen Entgelt zu beschäftigen (Art. 22 § 1 KP). Diese vertragliche Beziehung unterscheidet sich wesentlich von anderen Beschäftigungsarten wie zivilrechtlichen Aufträgen oder Werkverträgen, die als „nicht-arbeitsrechtliche Beschäftigungen“ gelten und keine Rechte gemäß Arbeitsgesetzbuch begründen.

 

Neben dem Arbeitsverhältnis existieren weitere Formen der Beschäftigung, wie die Anstellung über zivilrechtliche Verträge (z.B. Werkverträge) und die sogenannte Anstellungsform der Werkvertragstätigkeit (umowa o pracę nakładczą), die ebenfalls nicht als Arbeitsverhältnisse gelten. Ein wichtiger Unterschied ist, dass Arbeitsverhältnisse klare Vorgaben hinsichtlich des Weisungsrechts, der Entlohnung und der persönlichen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers enthalten, während andere Beschäftigungsarten meist flexibler ausgestaltet sind.

 

 

2. Die Merkmale eines Arbeitsverhältnisses

 

Für ein Arbeitsverhältnis ist das Vorliegen spezifischer Merkmale entscheidend:

  • Vergütungspflicht: Die Verpflichtung zur angemessenen und regelmäßigen Entlohnung ist ein wesentliches Merkmal. Arbeitnehmer haben Anspruch auf ein Mindestentgelt, dessen Höhe gesetzlich vorgeschrieben ist (Art. 13 KP). Eine unentgeltliche Arbeitsleistung ist im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses unzulässig.
  • Persönliche Leistungserbringung: Nur natürliche Personen können Arbeitnehmer sein, und die Arbeit ist grundsätzlich persönlich zu erbringen. Eine Delegation an Dritte ist ausgeschlossen.
  • Weisungsrecht und Unterordnung: Der Arbeitgeber besitzt das Recht zur Anweisung bezüglich Arbeitsort, Arbeitszeit und Art der Arbeitsausführung. Arbeitnehmer sind verpflichtet, diesen Weisungen zu folgen, sofern sie im Rahmen der vertraglich vereinbarten Tätigkeiten liegen.

 

 

3. Formen und Entstehung eines Arbeitsverhältnisses

 

Laut Art. 2 KP kann ein Arbeitsverhältnis auf verschiedene Weisen begründet werden:

  • Arbeitsvertrag: Die häufigste und wichtigste Grundlage für das Arbeitsverhältnis.
  • Berufung (powołanie): Üblich im öffentlichen Dienst, etwa bei der Einstellung von Leitern öffentlicher Einrichtungen.
  • Wahl (wybór): Findet Anwendung bei bestimmten Positionen, die durch Wahl besetzt werden.
  • Ernennung (mianowanie): Für bestimmte Positionen in der Verwaltung, z. B. für Beamte und Soldaten.
  • Genossenschaftsvertrag: Ein spezielles Arbeitsverhältnis, das für Mitglieder von Genossenschaften gilt und spezifischen Regelungen unterliegt.

 

Für die Entstehung eines Arbeitsverhältnisses ist es entscheidend, dass der Vertrag oder die Rechtsvorschriften eines der genannten Elemente enthalten. Beispielsweise gehen Beamte und Soldaten in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis ein, welches sich vom Arbeitsverhältnis durch eine eigenständige gesetzliche Grundlage unterscheidet.

 

 

4. Elemente des Arbeitsvertrages

 

Ein rechtskonformer Arbeitsvertrag in Polen muss laut Art. 29 KP einige zentrale Punkte umfassen, die im Folgenden detailliert beschrieben werden:

  • Tätigkeitsart und Aufgabenbereich: Der Vertrag muss klar die Art der Tätigkeit benennen, die der Arbeitnehmer ausüben wird. Diese Angabe muss präzise und aussagekräftig sein, da sie bestimmt, welche Arbeiten vom Arbeitnehmer zu leisten sind.
  • Vertragsart: Es muss festgelegt sein, ob der Vertrag auf unbestimmte oder bestimmte Zeit oder auf Probe geschlossen wird.
  • Vertragsdatum und Beginn der Arbeit: Das Datum des Vertragsschlusses sowie ein möglicher Arbeitsbeginn müssen explizit festgelegt sein, da dies den Startpunkt des Arbeitsverhältnisses markiert.
  • Angaben der Vertragsparteien: Der Arbeitsvertrag muss den Arbeitgeber und Arbeitnehmer eindeutig benennen.
  • Arbeitsort: Es ist festzulegen, an welchem Ort der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringen soll. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, den Arbeitsort flexibel zu gestalten, was insbesondere für mobile Arbeitskräfte relevant ist.
  • Vergütung und Lohnbestandteile: Der Vertrag muss die Entlohnung sowie deren spezifische Bestandteile, wie Grundlohn, mögliche Boni oder Provisionen, klar festlegen.
  • Arbeitszeitumfang: Das vertraglich vereinbarte Arbeitszeitmodell (z.B. Voll- oder Teilzeit) ist ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsvertrags.

 

Ein korrekter Arbeitsvertrag gewährleistet Rechtsklarheit und beugt Missverständnissen vor. Fehlen wesentliche Elemente, kann der Vertrag im Sinne des Arbeitsrechts dennoch Gültigkeit haben, jedoch bestehen Risiken bezüglich der Rechtsdurchsetzbarkeit.

 

 

5. Pflichten des Arbeitgebers: Information und Datenschutz

 

Nach Art. 29 § 3 KP ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer innerhalb von sieben Tagen nach Vertragsabschluss über wichtige Rahmenbedingungen wie die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit, die Urlaubsansprüche, Kündigungsfristen sowie geltende Kollektivvereinbarungen zu informieren. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob der Arbeitsvertrag schriftlich oder mündlich abgeschlossen wurde. Auch die Einhaltung des Datenschutzrechts (DSGVO) ist ein zentraler Aspekt. Arbeitgeber müssen den Arbeitnehmer über den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten aufklären und geeignete Datenschutzmaßnahmen umsetzen.

 

 

6. Geltendmachung und Feststellung des Arbeitsverhältnisses

 

In Polen kann ein Arbeitnehmer das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses auch dann geltend machen, wenn die Vertragsparteien das Verhältnis anders bezeichnen oder keinen schriftlichen Vertrag geschlossen haben. Gerichte prüfen in solchen Fällen die tatsächlichen Arbeitsbedingungen und können ein Arbeitsverhältnis feststellen, selbst wenn der Vertrag als zivilrechtlicher Auftrag tituliert wurde. Dieser Schritt kann beispielsweise wichtig werden, wenn ein Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitnehmerrechte wie bezahlten Urlaub oder Kündigungsschutz geltend machen möchte.

 

 

7.  Hinweis

 

Diese allgemeine Betrachtung des polnischen Arbeitsverhältnisses unterstreicht die vielfältigen rechtlichen Aspekte, die bei der Ausgestaltung eines Arbeitsvertrags zu beachten sind. Sie dient lediglich der allgemeinen Information und stellt keine rechtliche Beratung dar. Wenden Sie sich bei individuellen Fragen oder Zweifeln bitte an einen Fachanwalt. Das AHK TECH-Team steht Ihnen gerne für eine Beratung zur Verfügung und unterstützt Sie bei der Klärung Ihrer Fragen zum Arbeitsrecht in Polen.

 

 

 

 

 

 

 

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