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Die Entscheidung, unternehmerisch in Polen tätig zu werden, setzt ein belastbares Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen voraus. Besonders die Phase vor Eintragung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (spółka z o.o.) ist geprägt von erhöhtem Risikopotenzial und rechtlicher Komplexität. Die nachstehenden Ausführungen erläutern die Regelungen des polnischen Gesetzbuches für Gesellschaften mit beschränkter Haftung – HGGB (poln. KSH) in Bezug auf die sogenannte GmbH in Gründung.
Mit dem Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags (bzw. eines Gründungsaktes bei einer Ein-Mann-GmbH) entsteht nach Art. 161 Abs. 1 HGGB (poln. KSH) eine eigenständige Rechtseinheit: die spółka z ograniczoną odpowiedzialnością w organizacji, im deutschen Sprachgebrauch als GmbH in Gründung bezeichnet. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte „unvollkommene juristische Person“, welche sowohl rechts- als auch geschäftsfähig ist.
Die Gesellschaft tritt unter einer Firma auf, die zwingend den Zusatz „w organizacji“ enthalten muss. Die gesetzlichen Bestimmungen für die ordentliche GmbH finden sinngemäße Anwendung, sofern keine spezialgesetzlichen Regelungen für die Gründungsphase greifen.
Erfolgt keine Eintragung binnen sechs Monaten ab Vertragsschluss oder wird der Registereintrag rechtskräftig abgelehnt, so gilt die Gesellschaft als aufgelöst (Art. 169 HGGB, poln. KSH). In einem solchen Fall tritt die Gesellschaft in die Liquidationsphase ein – mit dem neuen Gesellschaftszweck der Abwicklung. Dies bedeutet, dass eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Gründung nach polnischem Recht tatsächlich nur für einen Zeitraum von sechs Monaten bestehen kann. Aus diesem Grund kommt der sorgfältigen Vorbereitung des Antrags auf Eintragung in das Gerichtsregister sowie dessen zügiger und formgerechter Einreichung eine entscheidende strategische Bedeutung zu.
Der Gesellschaftsvertrag bildet das zentrale Fundament jeder polnischen GmbH in Gründung. Die Gesellschafter sind verpflichtet, vereinbarte Einlagen bereits vollständig vor der Eintragung zu leisten. Für Änderungen dieses Vertrages vor der Eintragung ist die Einstimmigkeit aller Gesellschafter zwingend erforderlich – insbesondere bei Änderungen in Bezug auf Einlagenhöhe und Art der Beiträge (bar oder in natura) .
Gemäß Art. 161 Abs. 2 HGGB (poln. KSH) wird die GmbH in Gründung vertreten durch die bestellte Geschäftsführung oder – mangels einer solchen – durch einen einstimmig berufenen Bevollmächtigten.
Die Geschäftsführung besitzt im Hinblick auf die Außenvertretung dieselben Kompetenzen wie in einer voll eingetragenen Gesellschaft. Ihre Handlungen binden die Gesellschaft rechtsverbindlich.
Vor der Eintragung haftet nicht nur die GmbH in Gründung selbst, sondern auch jede Person, die in ihrem Namen handelt – also Mitglieder der Geschäftsführung oder Bevollmächtigte – persönlich und gesamtschuldnerisch (Art. 13 Abs. 1 HGGB, poln. KSH)).
Diese Haftung erfasst ausschließlich Verbindlichkeiten, die durch eigenes Handeln entstanden sind, und ist nicht auf sämtliche Verpflichtungen der Vor-GmbH übertragbar. Die Rückgriffsmöglichkeit gegenüber der Gesellschaft nach Leistung durch eine handelnde Person richtet sich nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (§ 518 ZGB analog, poln. Kodeks cywilny - KC).
Wird eine vor Eintragung vorgenommene Handlung im Nachhinein durch die Gesellschafterversammlung genehmigt, erlischt die Haftung gegenüber der Gesellschaft selbst (Art. 161 Abs. 3 HGGB (poln. KSH)). Diese Regelung entfaltet jedoch keine Außenwirkung – gegenüber Dritten bleibt die persönliche Haftung weiterhin bestehen.
Solange ein Gesellschafter seine Einlage nicht vollständig erbracht hat, haftet er – neben der Gesellschaft – persönlich bis zur Höhe des nicht geleisteten Beitrags (§ 13 Abs. 2 HGGB, poln. KSH)). Mit der Eintragung entfällt diese Haftung im Verhältnis zu Dritten, da dann gesetzlich vermutet wird, dass das Stammkapital vollständig einbezahlt wurde.
Bis zur Registereintragung existieren keine vollwertigen Geschäftsanteile, sondern lediglich eine Anwartschaft auf künftige Rechte. Eine Verfügung über Anteile – etwa Verkauf oder Belastung – ist rechtlich unzulässig (Art. 16 HGGB, poln. KSH)). Dennoch können schuldrechtliche Vereinbarungen über zukünftige Rechte unter Einhaltung zivilrechtlicher Grundsätze wirksam sein.
Die Liquidation wird durch die Geschäftsführung oder durch von der Gesellschafterversammlung bestellte Liquidatoren durchgeführt. Die Gläubiger sind durch eine einmalige Veröffentlichung im MSiG (polnisches Amtsblatt) zur Anmeldung ihrer Forderungen innerhalb eines Monats aufzufordern.
Zunächst sind sämtliche Gläubigerforderungen zu erfüllen. Erst danach können Einlagen zurückgezahlt werden – vorzugsweise in der Form der ursprünglich eingebrachten Leistung.
Die Gesellschaft verliert ihre Rechtsfähigkeit endgültig mit Genehmigung des Abschlussberichts durch die Gesellschafterversammlung (§ 170 Abs. 4 HGGB (poln. KSH)). Eine Fortführung der Gesellschaft durch Gesellschafterbeschluss ist gesetzlich ausgeschlossen.
Die Nichtigkeit der GmbH in Gründung kann nur festgestellt werden, wenn der Gesellschaftsvertrag gegen gesetzliche Formerfordernisse oder zwingende Vorschriften verstößt (Art. 58 ZGB, poln. KC i.V.m. Art. 2 HGGB, poln. KSH)). In solchen Fällen erfolgt keine Liquidation – die Abwicklung ist durch die Gesellschafter selbst vorzunehmen. Die Haftung der Handelnden ergibt sich dann aus § 39 ZGB, poln. KC analog.
Neben den rechtlichen Aspekten verlangt die Gründung einer GmbH in Polen auch konkrete organisatorische Maßnahmen, die für den späteren Geschäftsbetrieb und die Eintragung unerlässlich sind:
Noch vor der Eintragung muss die GmbH in Gründung ein polnisches Geschäftskonto bei einer inländischen Bank eröffnen. Dies ist zwingend erforderlich, um Einlagen auf das Stammkapital nachzuweisen, da der Nachweis der Kapitalleistung eine Voraussetzung für die Registereintragung darstellt.
Eine ladungsfähige Adresse auf polnischem Hoheitsgebiet ist gesetzlich vorgeschrieben. Diese Adresse dient nicht nur der Eintragung ins Handelsregister, sondern auch als Ort für behördliche Zustellungen, Steuerbescheide sowie Korrespondenz mit dem Finanzamt. Empfehlenswert ist die Anmietung tatsächlicher Büroräumlichkeiten, da viele Behörden in Polen zunehmend auf die wirtschaftliche Substanz eines Unternehmens achten. Die Nutzung sogenannter „virtueller Büros“ kann in Einzelfällen zu Rückfragen oder sogar zur Ablehnung der Eintragung führen, wenn Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Geschäftsvorhabens bestehen.
Um die sechsmonatige Frist für das Bestehen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Gründung effizient zu nutzen, empfiehlt es sich, die einzelnen Schritte des Gründungsprozesses sorgfältig zu planen. Eine zügige Einreichung des Antrags auf Eintragung in das Handelsregister ist dabei von zentraler Bedeutung, um die Phase der „Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością w organizacji“ zeitnah abzuschließen.
In der Praxis stellt die Eröffnung eines Bankkontos in Polen für Gesellschaften in Gründung häufig eine Herausforderung dar, da viele polnische Banken aufgrund des vorübergehenden Charakters solcher Gesellschaften – maximal sechs Monate – zusätzliche Hürden errichten oder die Kontoeröffnung verweigern. Wir versichern Ihnen jedoch, dass die Eröffnung eines Bankkontos auch für Gesellschaften in Gründung grundsätzlich möglich ist. Sollten diesbezüglich Schwierigkeiten auftreten, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und unterstützen Sie bei der Kontoeröffnung über unsere Partnerbank.
Es ist zu beachten, dass die Aufnahme der operativen Geschäftstätigkeit in der Regel erst nach der Zuteilung der Steueridentifikationsnummer (NIP) möglich ist. Jeder Geschäftspartner in Polen wird diesen NIP verlangen. Die Steueridentifikationsnummer wird zusammen mit der REGON-Nummer und der KRS-Nummer im Zuge der Eintragung der Gesellschaft in das KRS-Handelsregister vergeben. Die Beendigung der Phase der Gesellschaft in Gründung geht somit mit dem Erwerb dieser Nummern einher, die insbesondere die Beschäftigung von Mitarbeitern und die Anmeldung der Gesellschaft als Mehrwertsteuerpflichtige (VAT) ermöglichen.
Wenn Sie weitere Fragen zur Gründung einer GmbH in Polen haben oder individuelle Unterstützung bei der Einrichtung, Vertragsgestaltung oder Registeranmeldung benötigen, steht Ihnen das Team von AHK TECH gerne mit fundierter, rechtssicherer Beratung zur Seite.
Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung im Einzelfall dar. Die dargestellten Inhalte ersetzen nicht die individuelle Beratung durch qualifizierte Steuerberater, Fachanwälte oder Unternehmensjuristen.
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