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Dividenden polnischer Kapitalgesellschaften, die an in Deutschland ansässige Anteilseigner ausgeschüttet werden, unterliegen besonderen steuerlichen Vorschriften. Grundsätzlich erhebt Polen auf Dividendenausschüttungen eine Quellensteuer von 19 %. Allerdings greifen im grenzüberschreitenden Verhältnis zwischen Polen und Deutschland Entlastungsregelungen: Zum einen das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen beiden Staaten, zum anderen eine nationale Quellensteuerbefreiung nach polnischem Recht (Art. 22 polnisches Körperschaftsteuergesetz, CIT). Im Folgenden werden die standardmäßige polnische Quellenbesteuerung und die Ermäßigungen bzw. Befreiungen für deutsche Anleger (sowohl natürliche Personen als auch Kapitalgesellschaften) systematisch dargestellt. Dabei werden die Anforderungen (z. B. Ansässigkeitsbescheinigungen), Sondervorschriften (z. B. Zweijahreshaltefristen) sowie praktische Risiken (wie Nachversteuerung und Dokumentationspflichten) erläutert. Der Bericht berücksichtigt die einschlägigen deutsch-polnischen Abkommensregelungen (Art. 10 DBA), die polnischen Steuergesetze (insb. Art. 30a polnisches Einkommensteuergesetz – PIT – und Art. 22 polnisches Körperschaftsteuergesetz – CIT) sowie aktuelle Verwaltungsanweisungen und Gerichtsentscheidungen (inklusive Veröffentlichungen der Krajowa Informacja Skarbowa (KIS) und Urteile des obersten Verwaltungsgerichts – NSA – und der Woiwodschaftsgerichte – WSA). Abschließend werden konkrete Empfehlungen für deutsche Investoren formuliert, um Haftungsrisiken und Doppelbesteuerung zu vermeiden.
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Entlastung durch Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) – Art. 10 DBA Polen–Deutschland
Nationale Steuerbefreiung für verbundene Unternehmen – Art. 22 Abs. 4 CIT
Nachversteuerung bei Nichteinhaltung der Haltefrist (Art. 22 Abs. 4b CIT)
Praktische Hinweise und Empfehlungen für deutsche Investoren
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Nach polnischem Steuerrecht gelten Dividenden als Einkünfte aus Kapitalvermögen (bei juristischen Personen als Einnahmen aus Gewinnausschüttungen). Sie unterliegen grundsätzlich einem abgeltenden Quellensteuerabzug von 19 %. Dieser Satz ist sowohl im polnischen Einkommensteuergesetz für natürliche Personen (Art. 30a PIT) als auch im Körperschaftsteuergesetz für juristische Personen (Art. 22 CIT) festgelegt. Die 19 % werden im Quellenstaat Polen einbehalten und sollen die dortige Steuerlast auf Dividendenerträge abgelten.
Wichtig ist: Eine in Polen erhobene Quellensteuer befreit nicht automatisch von der deutschen Steuerpflicht. Deutsche Anteilseigner müssen ihre Dividendenerträge grundsätzlich auch in Deutschland versteuern (z. B. im Rahmen der Abgeltungsteuer für Privatpersonen). Allerdings sorgen Doppelbesteuerungsabkommen dafür, dass nicht doppelt volle Steuerlast in beiden Ländern anfällt. Im Verhältnis Deutschland–Polen begrenzt das DBA die anrechenbare polnische Quellensteuer auf bestimmte Höchstsätze (siehe nächster Abschnitt). Ohne entsprechende Entlastungsmaßnahmen würden deutsche Anleger bei polnischen Dividenden ansonsten 19 % in Polen zahlen und in Deutschland nochmals besteuert – ein Effekt, den die Abkommens- und EU-Regelungen abmildern.
Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Polen (in Kraft seit 2003) sieht in Art. 10 DBA besondere Quellensteuersätze für Dividenden vor, die an einen im jeweils anderen Vertragsstaat Ansässigen gezahlt werden. Grundsätzlich steht zwar beiden Staaten ein Besteuerungsrecht zu, aber Polen darf nach Art. 10 Abs. 2 DBA die Dividendensteuer nur bis zu folgenden Höchstsätzen erheben:
5 % des Bruttodividendenbetrags, wenn der Empfänger der Dividende eine Gesellschaft (keine Personengesellschaft) ist, die unmittelbar mindestens 10 % des Kapitals der ausschüttenden polnischen Gesellschaft hält. Diese ermäßigte Schachteldividenden-Quellensteuer von 5 % kommt typischerweise bei Beteiligungen deutscher Kapitalgesellschaften an polnischen Kapitalgesellschaften zur Anwendung (sofern die Mindestbeteiligung von 10 % besteht).
15 % des Bruttodividendenbetrags in allen anderen Fällen. Dieser Satz gilt insbesondere für Dividenden an natürliche Personen (Privatanleger) sowie allgemein für Fälle, die nicht unter die 5 %-Regel fallen (z. B. Beteiligungen unterhalb 10 % oder Dividenden an Personengesellschaften).
Hinweis:
Die DBA-Sätze von 5 % bzw. 15 % begrenzen die anrechenbare polnische Quellensteuer in Deutschland. Deutschland rechnet die tatsächlich in Polen gezahlte Steuer bis zu diesen Höchstsätzen auf die deutsche Steuer an. Wird versehentlich mehr als 15 % in Polen einbehalten (etwa mangels Nachweisdokumente), kann der übersteigende Teil von 4 % in Polen zurückgefordert werden. Insofern ist es essentiell, die DBA-Voraussetzungen einzuhalten, um nicht unnötig hohe polnische Abzüge hinnehmen zu müssen.
Voraussetzung für die DBA-Entlastung ist stets ein gültiges Ansässigkeitszertifikat des deutschen Dividendenempfängers. Die polnische ausschüttende Gesellschaft darf die reduzierten DBA-Steuersätze nur anwenden, wenn ihr eine amtliche deutsche Ansässigkeitsbescheinigung vorliegt. Fehlt ein solcher Nachweis, muss der polnische Zahlstelle den vollen Inlandssatz von 19 % einbehalten. Mit anderen Worten: Die praktische Nutzung der DBA-Quellensteuerreduktion erfordert eine rechtzeitige Beschaffung und Vorlage des deutschen Wohnsitz- bzw. Sitznachweises durch den Anleger. In der Praxis sollte diese Bescheinigung jährlich (und im Original oder elektronisch beglaubigt) eingeholt werden, um eine reibungslose Anwendung der 5 %-/15 %-Sätze sicherzustellen. Für natürliche Personen bedeutet dies konkret, dass bei Vorlage eines deutschen Ansässigkeitszertifikats statt 19 % nur 15 % Quellensteuer in Polen abgezogen werden. Für deutsche Kapitalgesellschaften mit ausreichender Beteiligung ergibt sich sogar die Option eines noch weitergehenden Entlastungswegs, der im nächsten Abschnitt erläutert wird.
Neben dem DBA-basierten Quellensteuersatz von 5 % für qualifizierte Beteiligungen besteht nach polnischem innerstaatlichem Recht die Möglichkeit einer vollständigen Quellensteuerbefreiung auf Dividendenzahlungen an EU-ausländische Konzernmütter. Art. 22 Abs. 4 des polnischen Körperschaftsteuergesetzes (CIT) – der die EU-Mutter-Tochter-Richtlinie ins polnische Recht umsetzt – bestimmt, dass Einkünfte aus Gewinnausschüttungen von der polnischen Einkommensteuer befreit sind, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Im Gesetzestext heißt es hierzu (Original polnisch): „zwalnia się od podatku dochodowego przychody z tytułu udziału w zyskach osób prawnych (…) jeżeli spełnione są łącznie następujące warunki:“ – d. h. die Dividende bleibt steuerfrei, sofern alle der folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
Ansässigkeit der ausschüttenden Gesellschaft in Polen: Die die Dividende zahlende Kapitalgesellschaft hat ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in der Republik Polen (sie ist also in Polen körperschaftsteuerpflichtig).
Ansässigkeit und Steuerpflicht der empfangenden Gesellschaft in der EU/im EWR: Die Dividende empfangende Gesellschaft ist in Deutschland (oder einem anderen EU-/EWR-Staat bzw. der Schweiz) ansässig und dort unbeschränkt körper- bzw. einkommensteuerpflichtig auf ihr weltweites Einkommen. Sie darf nicht lediglich beschränkt steuerpflichtig sein (kein Offshore-Holdingbriefkasten).
Mindestbeteiligung von 10 %: Die empfangende Gesellschaft hält unmittelbar mindestens 10 % der Anteile (Kapitalanteile/Aktien) an der polnischen Gesellschaft. (Für Schweizer Gesellschaften gilt aufgrund eines bilateralen Abkommens eine erhöhte Mindestbeteiligung von 25 %.)
Kein Steuerfreistatus der Muttergesellschaft: Die empfangende Gesellschaft darf nicht ihrerseits von einer generellen Steuerbefreiung auf ihre Einkünfte profitieren. Das heißt, sie muss ein regulärer steuerpflichtiger Betrieb sein und z. B. keine steuerbefreite Körperschaft (wie bestimmte Pensionsfonds etc.).
Sind alle vier Bedingungen erfüllt, befreit Art. 22 Abs. 4 CIT die Dividende von der polnischen Quellensteuer (Dividenden-WHT). Diese Regelung wird in der Praxis vor allem von deutschen GmbHs genutzt, die Beteiligungen an polnischen Tochterkapitalgesellschaften von mindestens 10 % halten. Vorteil: Es kommt gar nicht erst zu einem polnischen Steuerabzug, statt die 5 % nach DBA abzuführen. Die volle Dividende kann dann in Deutschland vereinnahmt werden – wo sie im Regelfall zu 95 % körperschaft- und gewerbesteuerfrei ist (Beteiligungsertragsbefreiung), so dass nahezu keine Steuerlast entsteht.
Wichtig: Auch für die nationale Befreiung verlangt das Gesetz umfangreiche Nachweise und Erklärungen. Zwingend ist die Vorlage eines gültigen ausländischen Ansässigkeitszertifikats des Empfängers. Ferner muss die polnische Gesellschaft eine schriftliche Erklärung der Muttergesellschaft einholen, dass sämtliche o. g. Voraussetzungen erfüllt sind (insbesondere dass keine Steuerbefreiung auf deren Welteinkommen in Anspruch genommen wird). Im polnischen Recht ist dies in Art. 26 Abs. 1f CIT geregelt. Darüber hinaus gilt – wie bei jeder WHT-Entlastung – für den polnischen Zahlstellen-Payer der Grundsatz der „gebotenen Sorgfalt“ (poln. należyta staranność): Der polnische Geschäftsführer muss die Umstände prüfen und dokumentieren, die für die Steuerbefreiung relevant sind. Dazu gehört etwa die Überprüfung der vorgelegten Dokumente (Ansässigkeitsbescheinigung, Eigenerklärungen) auf Plausibilität und die Feststellung der wirtschaftlichen Berechtigung des Empfängers an der Dividende. Obwohl das Gesetz keine präzisen Schritte vorgibt, empfehlen die polnischen Steuerbehörden – gestützt auf Verwaltungsverlautbarungen (z. B. den Entwurf der Steuerrichtlinie „Zasady poboru WHT“ vom 19. Juni 2019) – eine nachvollziehbare Prüfung und Dokumentation dieser Umstände. Insbesondere bei verbundenen Unternehmen werden hohe Sorgfaltsmaßstäbe angelegt, da hier ein erleichterter Informationszugang unterstellt wird.
Zusammenfassend bietet Art. 22 Abs. 4 CIT deutschen Kapitalgesellschaften die Möglichkeit, Dividenden steuerfrei aus Polen zu beziehen. In der praktischen Umsetzung konkurriert diese Option mit der DBA-Regelung (5 % WHT): Deutsche Muttergesellschaften können entweder den DBA-Steuersatz von 5 % nutzen oder, wenn die Voraussetzungen erfüllt werden können, die vollständige Befreiung nach nationalem Recht. Im Regelfall wird die vollständige Befreiung vorzugswürdig sein, da sie Liquidität schont und administrativen Aufwand (Rückerstattungsanträge) erspart. Allerdings müssen dafür alle genannten Kriterien strikt eingehalten und Nachweispflichten erfüllt werden.
Ein zentrales Kriterium der Steuerbefreiung ist die Haltefrist von zwei Jahren. Nach Art. 22 Abs. 4 CIT i.V.m. Abs. 4a CIT muss die Muttergesellschaft die geforderte Mindestbeteiligung (≥10 %) ununterbrochen für mindestens zwei Jahre halten. Wichtig ist: Das polnische Recht erlaubt es, die Befreiung auch dann bereits zu gewähren, wenn die Zweijahresfrist zum Zeitpunkt der Dividendenauszahlung noch nicht vollständig erfüllt ist – unter der auflösenden Bedingung, dass die Beteiligung im Nachhinein tatsächlich so lange gehalten wird. Art. 22 Abs. 4b CIT stellt klar, dass das Haltefristerfordernis auch nachträglich erfüllt werden kann; sollte es allerdings letztlich nicht eingehalten werden, entfällt rückwirkend die Befreiung. In diesem Fall tritt eine Nachversteuerung ein: Die empfangende Gesellschaft ist verpflichtet, die Dividende im Nachhinein mit dem vollen Steuersatz von 19 % zu versteuern und zusätzlich Verzugszinsen auf diesen Betrag zu entrichten. Konkret normiert Art. 22 Abs. 4b CIT, dass bei Unterschreiten der 2-Jahres-Haltedauer die ursprünglich steuerfreie Dividende nachträglich dem Steuerabzug von 19 % unterworfen wird, und zwar zusammen mit Säumniszinsen gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem die Steuer ursprünglich fällig gewesen wäre. Die Zahlung (bzw. Nachholung des Steuerabzugs) hat zeitnah zu erfolgen – laut Gesetz bis zum 20. Tag des Monats, der auf den Monat der Veräußerung bzw. des Haltefristverstoßes folgt.
Für die Praxis bedeutet dies: Wenn eine deutsche Muttergesellschaft die Befreiung in Anspruch nimmt, aber die Anteile dann vor Ablauf von 2 Jahren veräußert oder die Quote unter 10 % sinkt, muss sie im Nachhinein die 19 % Quellensteuer in Polen abführen. Dies kann erhebliche Zinslasten auslösen, je nach Zeitpunkt der Veräußerung.
Risikomanagement:
Ist absehbar, dass die 10 %-Beteiligung nicht über 24 Monate gehalten werden kann, sollte erwogen werden, von vornherein statt der Nullbesteuerung lieber den DBA-Satz von 5 % anzuwenden, um späteren Nachzahlungen vorzubeugen. Andernfalls droht eine Nachversteuerung, die finanziell nachteilig sein kann (19 % statt 5 % und zusätzlich Zinsen). Die polnischen Quellensteuerregelungen verlangen also eine vorausschauende Holdingstrategie, damit die steuerlichen Vergünstigungen nicht im Nachhinein verloren gehen.
Die Anwendung der dargestellten Regeln wird durch Verwaltungsanweisungen und steuerliche Interpretationserlasse in Polen konkretisiert. Insbesondere die Krajowa Informacja Skarbowa (KIS) – die polnische Landessteuerbehörde für individuelle Auskünfte – hat in den letzten Jahren mehrere Verlautbarungen zur Quellensteuer herausgegeben. Ein Schwerpunkt war dabei die Frage, ob der polnische Zahlstellen-Payer den Status des „wirtschaftlich Berechtigten“ (beneficial owner) des Dividendenempfängers prüfen muss, bevor er die Steuerbefreiung gewährt. Weder Art. 22 Abs. 4 CIT selbst noch die Folgevorschriften verlangen explizit eine solche Beneficial-Owner-Prüfung im Moment der Dividendenauszahlung. Jedoch führte die seit 2019 gesetzlich verankerte „besondere Sorgfaltspflicht“ (Art. 26 Abs. 1 CIT) in der Praxis zu Unsicherheit, ob der Ausschüttende etwa scheinbare Holdingstrukturen hinterfragen muss. Zudem schreibt Art. 28b CIT im Rahmen des Pay-and-Refund-Verfahrens (für Dividendensummen über 2 Mio. PLN jährlich) vor, dass der Antragsteller bestimmte Erklärungen beifügt – darunter eine Bestätigung, dass er der wirtschaftliche Eigentümer der Dividende ist.
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wurde diese Thematik jüngst zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden. Der Wojewódzki Sąd Administracyjny (WSA, Verwaltungsgericht) in Warschau urteilte am 20. September 2021 (Az. II SA/Wa 562/21) und der Naczelny Sąd Administracyjny (NSA, oberstes Verwaltungsgericht) bestätigte am 9. Oktober 2024 (Az. II FSK 78/22), dass bei Dividendenausschüttungen bis zu 2 Mio. PLN der polnische Zahlstellen-Payer nicht verpflichtet ist, den Beneficial-Owner-Status des Empfängers zu prüfen, sofern alle Voraussetzungen des Art. 22 Abs. 4 CIT erfüllt sind. Diese Urteile stellen klar, dass im Freistellungsverfahren bis 2 Mio. PLN allein die gesetzlich genannten Kriterien (EU-Ansässigkeit, 10 %-Beteiligung, etc.) maßgeblich sind und keine darüberhinausgehende Beneficial-Owner-Analyse verlangt werden darf. Die Finanzverwaltung hat diese Rechtsprechung mittlerweile anerkannt. In einer individuellen KIS-Interpretation vom 19. Mai 2025 (Nr. 0111-KDIB1-1.4010.287.2020.11.BK) wurde explizit festgehalten, dass ein polnisches Unternehmen beim Dividendenausschütten an seine EU-Muttergesellschaft „von der Befreiung gemäß Art. 22 Abs. 4 CIT Gebrauch machen kann, ohne zu prüfen, ob der Empfänger der Dividende deren wirtschaftlich Berechtigter ist“. Dies gilt freilich nur, solange die 2-Mio.-PLN-Grenze nicht überschritten wird und somit kein Pay-and-Refund-Antrag erforderlich ist.
Anders liegt der Fall bei Überschreiten der 2-Mio.-Schwelle: Hier greift das seit 2022 geltende besondere Verfahren, wonach zunächst die volle 19 % Steuer einbehalten und eine Erstattung beantragt werden muss (es sei denn, es wird vorab eine spezielle WHT-Befreiungsauskunft erwirkt). Im Erstattungsverfahren verlangt Art. 28b CIT nach wie vor die Vorlage einer Beneficial-Owner-Erklärung des Empfängers sowie den Nachweis der tatsächlichen wirtschaftlichen Aktivität im Ansässigkeitsstaat. Der NSA hat diese Unterscheidung – kein BO-Erfordernis bei Direktfreistellung, wohl aber BO-Nachweis im Erstattungsverfahren – als inkonsequent kritisiert. Dennoch müssen Unternehmen sie in der Praxis beachten.
Insgesamt zeigen die aktuellen Verwaltungsanweisungen und Urteile: Polen setzt die EU-Quellensteuerbefreiung um, verlangt aber strikte Nachweise. Deutsche Unternehmen können sich auf positive Gerichtsentscheidungen stützen, die eine übermäßige Pflicht zur „Beneficial Owner“-Prüfung begrenzen. Gleichwohl bleibt die Empfehlung, eine substanzielle Holdingstruktur nachzuweisen: Der Dividendenempfänger sollte im Ansässigkeitsstaat über echte wirtschaftliche Substanz verfügen (Personal, Geschäftstätigkeit), um nicht in den Verdacht einer Steergestaltung ohne wirtschaftlichen Gehalt zu geraten. Seit 2016 gilt nämlich in Polen eine Anti-Missbrauchsklausel für Dividendenbefreiungen (Specific Anti-Abuse Rule, SAAR): Die Steuerfreiheit greift nicht, wenn eine Gestaltung hauptsächlich zur Steuerersparnis gewählt wurde und ohne triftige wirtschaftliche Gründe „künstlich“ ist. Es ist daher unerlässlich, Dividendenstrukturen so zu gestalten, dass sie geschäftlich begründbar und substanzhaltig sind – im Zweifel sollte dies dokumentiert werden, um eine Gefährdung der Quellensteuerbefreiung zu vermeiden.
Zum Abschluss folgen praxisorientierte Empfehlungen, um die beschriebenen Regelungen optimal zu nutzen und Compliance-Risiken zu minimieren:
Ansässigkeitsbescheinigungen beschaffen: Deutsche Anteilseigner (ob privat oder Unternehmen) sollten jährlich eine Ansässigkeitsbescheinigung vom deutschen Finanzamt einholen und der polnischen Gesellschaft rechtzeitig vor Dividendenausschüttung zukommen lassen. Ohne gültiges Zertifikat ist keine DBA-Ermäßigung oder Befreiung möglich, sodass ansonsten 19 % einbehalten werden.
Dokumentationspflichten erfüllen: Stellen Sie der polnischen Tochtergesellschaft alle erforderlichen Erklärungen und Nachweise bereit. Eine deutsche Mutter-GmbH muss schriftlich bestätigen, dass sie in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist und keine Steuerbefreiung genießt. Außerdem sind die Besitzverhältnisse offenzulegen (≥10 % Beteiligung) und die Absicht zu erklären, diese mindestens 2 Jahre zu halten. Alle relevanten Dokumente (Certificates, Erklärungen) sollten sorgfältig geprüft, aufbewahrt und bei Bedarf aktualisiert werden.
Haltefristen beachten: Planen Sie Ihre Beteiligungsdauer vorausschauend. Soll die Beteiligung möglicherweise vor Ablauf von 24 Monaten reduziert oder verkauft werden, verzichten Sie besser auf die 0 %-Befreiung und nutzen stattdessen den DBA-Steuersatz (5 %). So vermeiden Sie eine nachträgliche Versteuerung mit 19 % plus Zinsen. Die 5 % sind in Deutschland anrechenbar und führen bei Einhaltung der Abkommensvorgaben nicht zu einer Doppelbelastung.
Substanznachweis erbringen: Achten Sie darauf, dass die empfangende deutsche Gesellschaft als wirtschaftlicher Nutznießer der Dividende auftritt. In der Praxis bedeutet dies, dass die GmbH über eigene Geschäftsaktivitäten, Mitarbeiter oder Büroräume verfügen sollte. Vermeiden Sie rein formale Holdingkonstrukte ohne Substanz. Dies reduziert das Risiko, dass die polnischen Behörden die Befreiung wegen Missbrauchs versagen (Anti-Abuse-Regel).
WHT-Grenzbeträge und Verfahren kennen: Behalten Sie im Blick, ob die PLN-2-Millionen-Grenze für jährliche Dividendenausschüttungen überschritten wird. Wenn ja, planen Sie entsprechend Zeit für das Pay-and-Refund-Verfahren oder beantragen Sie frühzeitig eine Vorabbescheinigung (opinia o zastosowaniu preferencji) bei der polnischen Steuerverwaltung. Andernfalls könnte bei Überschreiten der Grenze zunächst automatisch 19 % einbehalten werden, was Liquidität bindet, bis zur Erstattung.
Professionelle Beratung einholen: Die Rechtslage kann sich ändern (Stichwort Polnisches Steuergesetz und laufende Gerichtsverfahren). Nutzen Sie die Unterstützung von Steuerberatern oder der AHK Polen, um stets aktuelle Entwicklungen – etwa neue Urteile des NSA oder geänderte Formvorschriften – im Blick zu haben. Insbesondere sollten Entscheidungen der polnischen Gerichte (z. B. zu „Beneficial Owner“-Themen) verfolgt werden, da sie die Verwaltungspraxis beeinflussen.
Polen erhebt zwar standardmäßig eine 19%ige Quellensteuer auf Dividenden, doch stehen deutschen Investoren wirksame Instrumente zur Verfügung, um diese Belastung zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. Private Anleger profitieren von der DBA-Begrenzung auf 15 %, während deutsche Kapitalgesellschaften mit strategischen Beteiligungen dank EU-Rechtsumsetzung sogar quellensteuerfreie Dividenden vereinnahmen können. Die Voraussetzung dafür ist eine saubere Dokumentation und strikte Einhaltung der gesetzlichen Bedingungen, insbesondere was Mindestbeteiligung, Haltedauer und steuerliche Ansässigkeit angeht. Die polnischen Behörden verlangen gültige Ansässigkeitsnachweise und Erklärungen, bieten im Gegenzug aber (in Einklang mit dem EU-Recht) eine vollständige WHT-Befreiung an. Deutsche Investoren sollten diese Chance nutzen, dabei aber die praktischen Fallstricke – wie etwa die Nachversteuerungsregel bei Nichteinhaltung der Zweijahresfrist – im Auge behalten. Mit sorgfältiger Planung und Beratung lassen sich polnische Dividenden steueroptimal gestalten, ohne in Konflikt mit den Behörden zu geraten. Die jüngsten Urteile polnischer Gerichte stimmen zudem optimistisch, dass eine übermäßige Restriktion (z. B. in Form unnötiger Beneficial-Owner-Prüfungen) zurückgewiesen wird. Insgesamt lautet die Empfehlung, die Kooperation mit den polnischen Stellen (Finanzverwaltung und ggf. Gerichten) proaktiv zu suchen – durch vollständige Einreichung aller Unterlagen – um die Vorteile des DBA und der EU-Regeln voll auszuschöpfen. So können deutsche Geschäftsführer und Manager mit Polen-Engagement Dividendenströme effizient steuern und Doppelbesteuerung vermeiden, im Geiste der freundschaftlichen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Polen.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei diesem Beitrag nicht um eine individuelle Rechts- oder Steuerberatung handelt. Der Text dient ausschließlich der allgemeinen Orientierung und ersetzt keine qualifizierte Einzelfallanalyse. Gerne stehen wir Ihnen für eine persönliche Beratung zur Verfügung: Unser erfahrenes deutsch-polnisches Steuerteam begleitet regelmäßig Mandanten bei der steuerlich optimalen Gestaltung grenzüberschreitender Gewinnausschüttungen und bietet einen vollständigen Abwicklungsservice – einschließlich Antragsstellung, Dokumentationsprüfung und Kommunikation mit den polnischen Behörden.
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